Zwei Tage lang war die Paulinerkirche in Göttingen Treffpunkt für Expert*innen der Energiewirtschaft. Die 16. Göttinger Energietagung (GET2025), veranstaltet vom Energie-Forschungszentrum Niedersachsen (efzn) und der Bundesnetzagentur, stand ganz im Zeichen des Hochlaufs einer funktionierenden Wasserstoffwirtschaft mit all ihren technischen, regulatorischen und marktlichen Facetten. Gunda Fahrenkrog, Sebastian Koch und Luis Peters vom Niedersachsen.next Fachbereich Energie haben sich dort über die aktuellen Entwicklungen des Energieversorgungssystems informiert. Im Nachfolgenden schildern sie ihre Eindrücke:  

Das Wasserstoffkernnetz ist genehmigt, erste regulatorische Strukturen stehen, und auch die Erfahrungen aus Innovationslaboren nehmen zu. Doch der Weg zur Wasserstoffzukunft bleibt anspruchsvoll. Ziel der GET2025 war es, zentrale Fragen rund um den Wasserstoffhochlauf zu diskutieren und die vielen Puzzleteile der Transformation zusammenzuführen:

Welches Zielbild hat Wasserstoff? Wie gelingt der Hochlauf – in welchem Farbspektrum und mit welcher Infrastruktur? Wo entsteht realer Bedarf – und wie wird dieser sichtbar? Welche marktlichen, technischen und regulatorischen Herausforderungen müssen überwunden werden? Welche Perspektive hat Wasserstoff im Zeithorizont 2045?

Die Veranstaltung bot eine gelungene Mischung aus Impulsen, Paneldiskussionen, Fachforen und Zwiegesprächen. Moderiert wurde die Tagung von Barbie Kornelia Haller und Anne Zeidler, beide von der Bundesnetzagentur.

Fotos: Peter Heller

Globale Perspektive – Wasserstoffimporte im Fokus

Bereits zum Auftakt wurde deutlich: Der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft hat begonnen, jetzt muss die Umsetzung folgen. Besonders prägnant formulierte es Nathalie Leroy (Open Grid Europe): „Das Wasserstoffkernnetz ist unsere neue Energieautobahn. Diese muss funktionieren.“ Dr. Benjamin Pfluger (Fraunhofer IEG) betonte in seinem Einführungsvortrag die Notwendigkeit eines datenbasierten Bedarfsmanagements: „Wir müssen den Bedarf nicht nur planen, sondern sichtbar machen.“ Dr. Christoph Kost (Fraunhofer ISE) machte deutlich, dass der Import von grünem Wasserstoff kein Zukunftsthema, sondern ein akutes Gestaltungsfeld ist. Sein Vortrag legte nahe: Internationale Partnerschaften aufbauen, Infrastrukturen schaffen, Zertifizierung sichern.

Zwiegespräch zur Farbenlehre Wasserstoff

Im Podiumsgespräch zwischen David Hanel (Lhyfe) und Jens Romeike (Equinor) wurde die Debatte um die Herkunftsfarben von Wasserstoff reflektiert. Der Konsens: Nicht die Farbe zählt, sondern die Klimawirkung. Und: Auf dem Weg zu grünem Wasserstoff bedarf es Brücken.

  • „Farben sind schön, aber am Ende zählt der CO₂-Fußabdruck. Als Brückentechnologie sind alle Farben des Wasserstoffs mit ihren unterschiedlichen technologischen Ansätzen willkommen.“ – David Hanel, Lhyfe
  • „Das deutsche Wasserstoffkernnetz ist Best Practice. Andere Länder – und die Welt – können sich davon etwas abschauen.“ – Jens Romeike, Equinor

Jens Romeike unterstrich zudem die Bedeutung langfristiger Abnahmeverträge: „Wir suchen die bessere Energielösung, je nach Anwendungsfall. Aber ohne gesicherte 15-jährige Abnahmeverträge sind Investitionen in blauen oder grauen Wasserstoff kaum möglich.“

Weitere zentrale Perspektiven

„Wir brauchen eine sich entwickelnde Regulierung – nicht eine, die Ergebnisse bis 2045 vorwegnimmt.“ – Dr. Geert Tjarks, EWE Gasspeicher

„Ohne Speicher gibt’s keine Wirtschaftlichkeit – und damit auch keinen tragfähigen Markthochlauf.“ – Dr. Geert Tjarks, zur Rolle der Speicher beim Business Case Elektrolyse

„Netz und Speicher müssen zusammengedacht werden.“ – Sabine Augustin, RWE, am Beispiel Speicher Gronau-Epe

„Grüner Stahl muss international wettbewerbsfähig sein.“ – Dr.-Ing. Alexander Redenius, SALCOS / Salzgitter AG

Fachforen zu zentralen Themen

Die drei Fachforen machten deutlich, wie vielschichtig der Wasserstoffhochlauf ist:

  1. Verteilernetze und Wasserstoff: Hier gibt’s noch viel „Terra incognita“, jedoch haben Verteilnetze eine zentrale Rolle für die regionale Energiewende.
  2. Marktkräfte und Regulierung – Erfolgsfaktoren für ein Zusammenspiel beider Seiten: Anreize, Planungssicherheit und Flexibilität.
  3. Technische Fragen im integrierten Energiesystem – Vom Elektrolyseur bis zum Netzanschluss: Viele Details sind offen, aber Lösungen greifbar.

Was hängen bleibt:

Aktuell fehlt es noch an marktfähigen Bedingungen. Wir haben weniger ein Angebotsproblem, denn ein Abnehmer-Problem: Die Nachfrage nach Wasserstoff muss aktiv stimuliert und organisiert werden. Die regionale Umsetzung steckt noch in den Kinderschuhen, besonders bei den Verteilnetzbetreibern. Technologieoffenheit ist essenziell, aber irgendwann müssen Prioritäten gesetzt werden. Unternehmen benötigen Planbarkeit über regulatorische Zeiträume hinaus.

Es braucht jetzt verlässliche Brücken auf dem Transformationspfad für Investitionen und Wettbewerbsfähigkeit:

  • Langfristig klare Rahmenbedingungen für Investitionen
  • Verlässlichkeit & Zusammenarbeit über Sektor- und Ländergrenzen hinweg
  • Skalierung ist entscheidend. Nur so entstehen Effizienz- & Kostenvorteile

Niedersachsen und Norddeutschland sind zentrale Akteure in der entstehenden Wasserstoffwirtschaft. Die Göttinger Energietage 2025 haben gezeigt: Der Hochlauf ist komplex, aber möglich, wenn alle Beteiligten im Dialog bleiben, sektorenübergreifend denken und gemeinsam gestalten.

Ein großes Dankeschön an das efzn, die Bundesnetzagentur, alle Referent*nnen und Teilnehmenden – es war eine top Veranstaltung mit vielen nachhaltigen Impulsen!

Mehr Infos & Projekte:

Energieforschungszentrum Niedersachsen (efzn)

Niedersachsen steht mitten in der industriellen Transformation mit Wasserstoff als einer der zentralen Triebfedern. Die Zukunft steckt bereits in vielen Projekten und der Aufbau grüner Energien ist gelebte Realität in Niedersachsen mit echtem Standortvorteil für ganz Deutschland.

Mit den Initiativen Norddeutsche Wasserstoffstrategie und HY5 werden Kräfte der norddeutschen Küstenländer gebündelt.

Niedersachsens Fokusbranche: Erneuerbare Energien – Invest in Niedersachsen

https://norddeutschewasserstoffstrategie.de/

https://www.hy-5.org/